In der IT gibt es ein schier unendliches Meer aus Wissen. Und ebenso unendlich unterschiedlich sind die Menschen und die Firmen dort. Im Laufe der Jahre habe ich in unterschiedlichen Firmen gearbeitet und beide Seiten der Medaille kennenlernen dürfen.
Der Generalist
Er kann fast alles, aber eben nur bis zu einer gewissen Tiefe. Kunden lieben das, denn meistens reicht die gebotene Wissenstiefe aus. Gleichzeitig scheint er aber alles zu können was im Alltag eben so anfällt. Das Ich-mache-alles-Prinzip gewinnt beim Kunden sehr schnell Sympathie.
Gleichzeitig kennt er sich (meistens) nur im Hier-und-Jetzt aus. Durch die Vielschichtigkeit seiner Aufgaben und Know-How Bereiche kann er sich auch über längere Zeit kein tiefes Wissen aneignen. Denn versucht er es, hat er nicht die Zeit dafür. Viel zu schnell muß er zum nächsten Brand und dort löschen. Er interessiert sich für zu viel um sich auf ein Thema eingrenzen zu lassen. Häufig findet man solche Schätze in der internen IT von mittelständischen Kunden. Dort ersetzen sie häufig mit ihrem technischen Verständnis, ihrem Geschick in der Improvisation und ihrem Einsatz mehrere andere Mitarbeiter. Vom Generalisten braucht man viel, durch die Masse erzeugt das hohe Kosten, die Tagessätze und Gehälter sind aber eher im Mittelfeld. Diese Leute sind die Helden des Alltags in der IT, besonders im kleineren Mittelstand. Sie halten mit Liebe, Wissen und Spucke die Scheiße am Laufen. Diese Leute wird man immer brauchen solange sich technisch mithalten wollen und können.
Der Spezialist
Ihn findet man entweder in wirklich großen IT-Abteilungen großer Kunden, oder bei einem sehr fokusierten Beratungshaus. Denn andere können mit ihm schlecht Geld verdienen. Ein Spezialist kann ignorieren welcher Trend gerade durch's Land getrieben wird, kann sich sogar über Jahre schlicht mit einem einzigen Produkt, einer einzigen Lösung oder einer einzigen Technologie beschäftigen. Cobol Entwickler sind hier gute Beispiele. Aber es gibt keine Frage, keine Aufgabe, kein Problem welches er sich nicht zur Brust nehmen und lösen könnte. Er ist der %Produkt-Nerd. Irgendwann sattelt er vielleicht auf eine andere Spezialisierung um. Das passiert aber nur unter 2 Gründen: Entweder er hat die andere Technologie "durchgespielt", sie wurde langweilig. Oder aber er muß es, steht unter Druck. Spezialist wird man aber nur wenn man sich für etwas wirklich interessiert und sich dafür begeistert. Wenn man sich also in seiner Spezialisierung ändert, dann nur weil das neue interessanter ist als das alte. Sonst wird das nix.
Kunden und Firmen brauchen Spezialisiten für hakelige Aufgaben. Komplexe Migrationen, Problemlösungen der schwierigeren Art, Spezialaufgaben/Nischenwissen welches schlicht nicht im Alltag vorkommt oder man nur alle-heiligen-Zeiten überhaupt mal anfassen muß, dann aber richtig.
Ist das Thema des Spezialisten aber EOL, hat die Technik also seine besten Zeiten hinter sich, dann wird es Zeit. Sonst fährt man Vollgas in eine immer kleiner werdende Nische. Verbleibt man dort, wird man unnötig. Tut man nichts dagegen, ist man einfach nur einer derjenigen die von vergangenen Technologien redet. Meistens mit einem früher-war-alles-besser Unterton. Das will niemand hören. IT lebt durch Fortschritt. Stillstand wäre der Untergang der Branche und bedeutet die Arbeitslosigkeit des ehemaligen Spezialisten. Es muß also immer auf dem Sprung sein und kontrollieren ob ihm nicht gerade der Boden wegbricht auf dem er so fest zu stehen scheint.
Eine interne IT braucht meistens beides. Aber in unterschiedlichen Megen. Es gibt auch beides, aber eben auch in unterschiedlichen Mengen. Generalisten sind die häufigere Art, wirklich gute Generalisten aber auch wieder nicht so häufig. Spezialisten sind deutlich seltener, werden aber eben auch nicht so häufig gebraucht und sind im gemeinen Alltag oft auch nicht viel wert. Ist der Bedarf aber da und echt, spielt das Geld für den Spezialisten keine große Rolle mehr.
Welchen Weg soll ich einschlagen?
Wenn Dich Technik interessiert, Dich begeistert und Du Dich stundenlang mit irgendwas beschäftigen kannst - nur weil es Dich eben interessiert und Du herausfinden willst wie es funktioniert - dann hast Du für den Spezialisten zumindest die Grundvoraussetzung erfüllt. Zu Beginn des Berufslebens ist ein Einstieg als Generalist oder "Mädchen für alles" sehr einfach. Aber dann such Dir was und spezialisiere Dich. Hast Du einmal geschafft, daß Du als Gott der Technik XYZ giltst, dann schaffst Du das in anderen Sachen auch wieder wenn Du willst. Generalist werden kannst Du später dann jederzeit.
Willst Du Dich aber eigentlich lieber mit den Menschen als der Technik beschäftigen, dann fang als Generalist an und versuche das gut zu machen. So wirst Du immer mehr mit Menschen zu tun haben, dafür aber etwas weniger tief in der Technik sein müssen.
IT Firmen sehen das natürlich anders.
Für Generalisten bekomme ich auf dem Markt keine so hohen Stundesätze wie für benötigte Spezialisten. Dafür ist der Bedarf mengenmäßig größer, der Vertrieb leichter. Braucht einfach fast jeder.
Spezialisten erzielen in ihren Disziplinen Spitzenstundensätze. Kosten aber nicht nur mehr, wollen auch oft höhere Gehälter. Sind schwieriger auszulasten, weil eben Nischenthema, vertrieblich schwierig zu bewirtschaften das Feld. Außer: Das Know How ist so gut, daß Mundprobaganda alleine schon ausreicht. Dann können sich auch die nicht mehr vor Arbeit retten...
Ich mag beide. Da wo ich heute bin, brauche ich auch beide.